Flashmob vor dem Amberger Rathaus am 24. September: Gut und gerne 150 Menschen zeigten noch einmal ihren Unmut über die geplante Bebauung auf dem Bürgerspitalgelände. Achim Hüttner, Vorsitzender der IG Menschengerechten Stadt, freute sich über den demonstrativen Zuspruch, auch wenn er wusste, dass die Stadträtinnen und -räte bei der Abstimmung in ihrer Meinung verharren werden.
Neun gegen alle
(26.09.2018) Noch einmal mit Nachdruck vermitteln, dass die geplante Bebauung des Bürgerspital-Areals nicht das Gelbe vom Ei ist, wollten über 150 Menschen, die am Montagabend plötzlich vor dem Amberger Rathaus standen. Die IG Menschengerechte Stadt freute sich über den demonstrativen Zuspruch. „Kein Betonklotz im Ei“, „Keine Vision, keine Ideen – Hauptsache zum Investor stehen“ und „Wackersdorf ist Amberg“ – die Zaungäste von der SPD-Stadtratsfraktion bekamen einiges zu lesen. Und Dank der Amberger Zeitung, die unaufgefordert zusätzlich eingeladen hatte, verfehlte der Flashmob seine öffentliche Wirkung nicht.
Natürlich war die Abstimmung über den Bebauungsplan keine Überraschung. Neun Stadträte stimmten dagegen, 29 dafür. Die Diskussion darüber verlief ebenfalls erwartungsgemäß. Klaus Ebenburger von den Grünen äußerte in der Stadtratssitzung zwar die Hoffnung „auf Vernunft und Mut“, dass so abgestimmt werde, „wie es für die Amberger gut ist und nicht nur für ein paar Geschäftsleute.“ Doch die Mehrheit rückte nicht ab von der Vision des „Meilensteins für unsere Stadt“ (Dieter Mußemann, CSU), auch wenn die Ten Brinke-Planung „vielleicht nicht jedem gefalle: „Lieber eine zweit- oder drittbeste Lösung als gar nichts“, hieß die Devise von Florian Fuchs (SPD). Ganz und gar kühn die Formulierung von Barbara Lanzinger (CSU), die tatsächlich meinte, man müsse im Sinne der Geschäftsleute entscheiden: „Eine Stadt lebt nur von ihren Geschäften, nicht von denen, die dagegen sind.“
Wenn allerdings niemand mehr in der Stadt leben will, weil sie auto- statt menschenfreundlich gestaltet wird, wird kein „neues Leben entstehen“, wie Dieter Mußemann verheißungsvoll verkündete. Trotzdem verstieg sich Rudolf Maier (ebenfalls CSU) gar in den hanebüchenen Vergleich des pseudo-modernistischen Baus von Ten-Brinke mit der Konzerthalle in Blaibach.
Für Eberhard Meier von den Freien Wählern ist die Planung ein „Bärendienst“ für den Einzelhandel und der zusätzliche Verkehr „gesundheitsgefährdend für die Einwohner.“ Die Ausgrabungen, die auf dem Bürgerspital-Areal zutage gefördert wurden, seien „eine historische Sensation“ und hätten eine touristische Attraktion sein können.“ Aber „wir werfen unsere Geschichte weg für ein paar Stellplätze in der Tiefgarage.“
Dass die SPD-Fraktion uneins ist, zeigte sich im Diskussionsbeitrag von Daniel Holzapfel. Er hielt die gesamte Planung Ten Brinkes auf dem Gelände für problematisch und fehlerhaft. Die Altstadtgestaltungssatzung sei eigens dafür aufgehoben worden („ein Präzedenzfall mit Dominoeffekt“), die Dach- und Fassadengestaltung sei untypisch für Amberg, genauso die viergeschossige Bauweise. „Der Klotz fügt sich nicht in die Altstadt ein.“ Problembeladen sei auch die Tiefgarageneinfahrt in der Bahnhofstraße und die Ausfahrt in der Ziegelgasse sei„verkehrsrechtlich katastrophal.“Alles in allem gebe es „keine sichere Grundlage“ zur Genehmigung des Bebauungsplans. Aber: Nachdem nun alles beschlossen sei, könnten jetzt auch die anderen Wettbewerbsbeiträge offengelegt werden.
Sein Fraktionskollege Dieter Amann meinte, es sei „zu spät, das Rad zurückzudrehen.“Die Grundsatzentscheidung für Ten Brinke sei gefallen. „Man kann nur noch daran arbeiten, etwas Vernünftiges daraus zu machen.“ Apropos zu spät: Die Befürworter des Projekts betonen immer wieder, dass die Gegenbewegung viel früher hätte einsetzen sollen. Sie verschweigen geflissentlich, dass es der Stadtrat war, der für die lange Jahre brachliegende Fläche verantwortlich zeichnet, indem er die alten Menschen aus dem Bürgerspital an den Stadtrand verbannte und die Gebäude, ohne einen Plan für die Fläche zu haben, abreißen ließ. Unnötig zu erwähnen, dass die Öffentlichkeit erst mit der öffentlichen Auslegung über die Pläne informiert wurde, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan hinter verschlossenen Türen eingetütet wurde. Sei’s drum – wir werden sehen, wie die Gerichte entscheiden. (al | Fotos: al/ws)