Pressemitteilung der IG vom 6. Dezember 2020
Amberger Mauern
Oberbürgermeister Michael Cerny hat verlauten lassen, dass er den „Skandal-Vorwurf“, den die Amberger Zeitung angeblich erhoben hat, zurückweist. Im Kommentar „Geheimniskrämerei schafft nur Verdruss“ von Andreas Ascherl in der Ausgabe vom 28.11.2020 hieß es, dass es „schon so etwas wie ein Skandal“ sei, wie die Öffentlichkeit in Amberg beim Thema Bürgerspital vorgeführt werde. Es ist nicht nur etwas Ähnliches wie ein Skandal, sondern wirklich ein massives Ärgernis: Die Stadtspitze versucht – von der Stadtratsmehrheit offensichtlich geduldet –, ein für das denkmalgeschützte Ensemble der Altstadt verheerendes Bauvorhaben klammheimlich durchzudrücken. Aufs Mauern versteht man sich im Rathaus ja bestens, auch wenn es diesmal nur eine unsichtbare Mauer des Schweigens ist.
Der übliche Trick ist es, die Beratung in den nichtöffentlichen Teil von Sitzungen zu verschieben, wenn eventuell umstrittene Vorhaben geräuschlos durchgebracht werden sollen. Nach
Beschlussfassung ist es dann zu spät für eine öffentliche Debatte und die Bürger der Stadt – hofft man – werden das Ergebnis schon schlucken, auch wenn es eine dicke fette Kröte oder eben ein
bauliches Monstrum ist.
Beim geänderten Grundstückskaufvertrag mit Ten Brinke, genauer der Bürgerspitalareal Amberg GmbH & Co. KG, sei eine Beratung in nichtöffentlicher Sitzung „gesetzlich“ vorgegeben,
behaupten OB Cerny und Rechtsreferent Dr. Mitko. Das maßgebliche Gesetz (Art. 52 Abs. 2 der Gemeindeordnung) klingt anders: „Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das
Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden.“
Der Grundsatz ist also Öffentlichkeit und für die Ausnahme ist eine Begründung sowie ein Beschluss des Stadtrats erforderlich. So steht es im Gesetz. Worauf sich Cerny und Dr. Mitko
anscheinend berufen wollen, ist kein Gesetz, sondern die Geschäftsordnung des Stadtrats. Dort ist in § 18 pauschal festgelegt, dass „Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten“
nichtöffentlich zu behandeln sind. Das Deckmäntelchen, unter dem die Stadtspitze die Verunstaltung der Altstadt voranbringen will, ist also selbstgestrickt!
Die gesetzlichen Vorgaben sehen anders aus: Dass das „Wohl der Allgemeinheit“ von solcher Geheimniskrämerei abhängen soll, wird niemand ernstlich behaupten wollen. Ob und inwieweit ein
Investor, dem die Stadt ein Filetgrundstück in der Innenstadt zwecks profitabler Verwertung zukommen lassen will, „berechtigte Ansprüche“ auf Diskretion hat, wäre erst einmal zu diskutieren.
„Die in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit bekanntzugeben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind.“ So steht es in Art. 52 Absatz 3 der
Gemeindeordnung, übrigens auch in der Geschäftsordnung des Stadtrats. Wenn also Dr. Mitko einräumt, dass Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft „durchaus öffentlich geklärt
werden“ dürfen, dass insoweit also keinerlei „Gründe für die Geheimhaltung“ (mehr) vorliegen, gibt er zu, dass die Stadtspitze genau gegen diese Vorschrift zur Bekanntmachung verstoßen hat –
und offensichtlich weiter dagegen verstoßen will! Denn irgendetwas wird der Stadtrat ja wohl seit Eingang der Stellungnahme der Regierung Anfang September dazu beschlossen haben – geheim
natürlich. Bekanntgemacht ist davon nichts. Der Skandal geht in die Verlängerung.
Ob die Stadt Amberg trotz der recht deutlichen Hinweise der Rechtsaufsicht zum Vergaberecht „einer Vertragsanpassung vor einer Aufhebung der Vergabeentscheidung und des Vertrages den Vorrang“
geben darf, steht auf einem anderen Blatt. Die Behauptung, man könne unter Berufung auf eine Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch zwingende Regeln des Vergaberechts übergehen, ist eine eher
sportliche juristische These. Das eigentlich fällige neue Vergabeverfahren ist aber im Rathaus hochgradig unerwünscht. Deshalb könnten die Ausführungen von Dr. Mitko zum – nichtöffentlichen –
Einseifen der ohnehin auf das Bauvorhaben eingeschworenen Stadtratsmehrheit schon gereicht haben.
Aber davon erfährt die Öffentlichkeit nichts. Öffentlich wird erst wieder am 9. Dezember beraten, wenn es um den Bebauungsplan für das äußerlich kaum veränderte Projekt geht. Bis dahin sollen
womöglich bei den geheimen Vertragsverhandlungen schon die ersten Pflöcke eingeschlagen werden.
Die IG Menschgerechte Stadt hat sich von Anfang an gegen das unter allen denkbaren Aspekten – z.B. Denkmalschutz, Verkehrsberuhigung, Stadtklima – schädliche Vorhaben ausgesprochen.
Vorschläge für eine verträgliche Nutzung des historisch bedeutsamen Grundstücks haben wir gemacht: etwa Parkanlage oder kulturelle Nutzung. Wenn der Stadtspitze die profitable Verwertung des
Geländes wichtiger ist als alles andere, kann sie sich auf eines verlassen: unseren Widerstand – garantiert öffentlich und so, dass sich alle beteiligen können, denen die Stadt als
menschengerechter Lebensraum am Herzen liegt.
Für die IG Menschengerechte Stadt e.V.
Achim Hüttner
Vorsitzender