Neun gegen alle

 

(26.09.2018) Noch einmal mit Nachdruck vermitteln, dass die geplante Bebauung des Bürgerspital-Areals nicht das Gelbe vom Ei ist, wollten über 150 Menschen, die am Montagabend plötzlich vor dem Amberger Rathaus standen. Die IG Menschengerechte Stadt freute sich über den demonstrativen Zuspruch. „Kein Betonklotz im Ei“, „Keine Vision, keine Ideen – Hauptsache zum Investor stehen“ und „Wackersdorf ist Amberg“ – die Zaungäste von der SPD-Stadtratsfraktion bekamen einiges zu lesen. Und Dank der Amberger Zeitung, die unaufgefordert zusätzlich eingeladen hatte, verfehlte der Flashmob seine öffentliche Wirkung nicht. Achim Hüttner, Vorsitzender der IG Menschengerechten Stadt, freute sich über den demonstrativen Zuspruch, auch wenn er wusste, dass die Stadträtinnen und -räte bei der Abstimmung in ihrer Meinung verharren würden. 

 

Natürlich war die Abstimmung über den Bebauungsplan keine Überraschung. Neun Stadträte stimmten dagegen, 29 dafür. Die Diskussion darüber verlief ebenfalls erwartungsgemäß. Die Grünen äußerten in der Stadtratssitzung zwar die Hoffnung „auf Vernunft und Mut“, dass so abgestimmt werde, „wie es für die Amberger gut ist und nicht nur für ein paar Geschäftsleute.“ Doch die Mehrheit rückte nicht ab von der Vision des „Meilensteins für unsere Stadt“.


Für die Freien Wähler ist die Planung ein „Bärendienst“ für den Einzelhandel und der zusätzliche Verkehr „gesundheitsgefährdend für die Einwohner.“ Die Ausgrabungen, die auf dem Bürgerspital-Areal zutage gefördert wurden, seien „eine historische Sensation“ und hätten eine touristische Attraktion sein können.“ Aber „wir werfen unsere Geschichte weg für ein paar Stellplätze in der Tiefgarage.“


Uneins zeigte sich die SPD-Fraktion. Die gesamte Planung Ten Brinkes auf dem Gelände sei problematisch und fehlerhaft. Die Altstadtgestaltungssatzung sei eigens dafür aufgehoben worden („ein Präzedenzfall mit Dominoeffekt“), die Dach- und Fassadengestaltung sei untypisch für Amberg, genauso die viergeschossige Bauweise. „Der Klotz fügt sich nicht in die Altstadt ein.“ Problembeladen sei auch die Tiefgarageneinfahrt in der Bahnhofstraße und die Ausfahrt in der Ziegelgasse sei„verkehrsrechtlich katastrophal.“ Dann wiederum hieß es, es sei „zu spät, das Rad zurückzudrehen.“ Die Grundsatzentscheidung für Ten Brinke sei gefallen. „Man kann nur noch daran arbeiten, etwas Vernünftiges daraus zu machen.“

 

Apropos zu spät: Die Befürworter des Projekts betonten immer wieder, dass die Gegenbewegung viel früher hätte einsetzen sollen. Sie verschweigen geflissentlich, dass es der Stadtrat war, der für die lange Jahre brachliegende Fläche verantwortlich zeichnet, indem er die alten Menschen aus dem Bürgerspital an den Stadtrand verbannte und die Gebäude, ohne einen Plan für die Fläche zu haben, abreißen ließ. Unnötig zu erwähnen, dass die Öffentlichkeit erst mit der öffentlichen Auslegung über die Pläne informiert wurde, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan hinter verschlossenen Türen eingetütet wurde. (al | Fotos: al/ws)